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Sonntag, 31. März 2013

Neues Schuldverschreibungsrecht und Altanleihen Theodor Baums / Roland Schmidtbleicher*


Neues Schuldverschreibungsrecht und Altanleihen 
Theodor Baums / Roland Schmidtbleicher*

Am 5. 8. 2009 ist das neue Schuldverschreibungsgesetz in Kraft getreten. Es lässt in
weitgehendem Umfang Umstrukturierungen einer Anleihe, z. B. Änderungen der Fälligkeit
oder der Zinshöhe, Schuldnersetzungen, debt equity swaps u. a. m., durch Mehrheitsbeschluss
der Gläubigerversammlung zu, wenn die Anleihebedingungen dies vorsehen (sog. Collective
Action Clauses; CAC). Vor Inkrafttreten des SchVG begebene Anleihen können ebenfalls
durch Mehrheitsbeschluss der Geltung des neuen SchVG unterstellt werden. Ausdrücklich
klargestellt ist dies für die – wenigen – Emissionen, auf die bereits das alte SchVG von 1899
anwendbar war. Im Folgenden wird dargelegt, dass dies nach der einschlägigen, allerdings 
wenig glücklich formulierten Überleitungsvorschrift des § 24 SchVG 2009 auch für die 
weitaus zahlreicheren Fälle gilt, in denen auf die Altanleihe zwar deutsches Sachrecht, 
insbesondere die §§ 793 ff. BGB, nicht aber das alte SchVG von 1899 anzuwenden ist. Diese
Frage hat sowohl für Altanleihen privater Emittenten wie für umlaufende Anleihen
ausländischer Staaten größte Bedeutung


Prof. Dr. Dres. h. c. Theodor Baums, Institute for Law and Finance, Goethe-Universität Frankfurt/Main 
und Dr. Roland Schmidtbleicher, Frankfurt/Main. – Der Aufsatz ist aus einem Rechtsgutachten zur 
Anwendbarkeit des SchVG 2009 auf Altanleihen entstanden



http://www.ilf-frankfurt.de/uploads/media/ILF_WP_131.pdf

"Schuldverschreibungen, Restrukturierungen, Gefährdungen" von Prof. Dr. Christoph G. Paulus, original erschienen in: WM 2012 Heft 24, 1109 - 1113.


Schuldverschreibungsgesetz - Paulus befasst sich mit Fragen der Restrukturierung

Kurznachricht zu "Schuldverschreibungen, Restrukturierungen, Gefährdungen" von Prof. Dr. Christoph G. Paulus, original erschienen in: WM 2012 Heft 24, 1109 - 1113.
Paulus skizziert zunächst die Historie des Schuldverschreibungsgesetzes und erläutert die internationalen Entwicklungen im allgemeinen und speziellen Bereichen des Wirtschaftsrechts. Er erläutert den Mechanismus, durch die Änderungen von Anleihebedingungen durch qualifizierte Mehrheitsentscheidungen der betroffenen Gläubiger herbeigeführt werden können ("Collective Action Clauses"). Derartige CACs sind erst kürzlich auf europäischer Ebene verpflichtend vorgeschrieben worden; dies war eine Reaktion auf die Griechenlandkrise (vgl. Art. 12 Abs. 3 ESM-Vertrag).
Im nächsten Abschnitt erläutern die Autoren Entscheidungen des LG Köln vom 26.01.2012 (Az.: 30 O 14/11Az.: 30 O 14/11 und Az.: 30 O 63/11). Das Gericht hat zu den Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung Stellung genommen. Nach einer Verlautbarung von Zahlungsschwierigkeiten (Gefahr der Zahlungsunfähigkeit) soll eine Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zumutbar sein. Ferner hat das Gericht ausgeführt, dass eine Abmahnung nach § 314 Abs. 2 BGB in Ansehung der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Beklagten "bloße Förmelei" sei, auf die verzichtet werden könne.
Im nächsten Abschnitt untersucht Paulus die Rückwirkung der Neuerungen des SchVG. Er setzt sich mit einer Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 27.03.2012 (Az.: 5 AktG 3/11, ZIP 2012, 725) auseinander, wonach in der Regelung des § 24 Abs. 2 SchVG eine Ausnahme zu Abs. 1 Satz 2 gesehen wird. Er kritisiert diese Sichtweise und weist darauf hin, dass Absätze gesetzgebungstechnische Regelungen sind, die grundsätzlich für sich allein stehen. Abschließend wirft er dem Gesetzgeber vor, ständig in Vertragsbeziehungen einzugreifen und diese mitunter auf eine neue Grundlage zu stellen.
Dieser Beitrag wurde erstellt von Dr. Henning Seel.


Dienstag, 26. März 2013

Keine Anwendbarkeit des SchVG 2009 auf Inhaberschuldverschreibungen einer ausländischen Emittentin, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden

Gericht:OLG Frankfurt 5. Zivilsenat
Entscheidungsname:Pfleiderer, Pfleiderer I
Entscheidungsdatum:27.03.2012
Aktenzeichen:5 AktG 3/11
Dokumenttyp:Beschluss
Quelle:juris Logo
Normen:Art 63 Abs 1 AEUV, § 246a AktG, Art 9 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, § 1 Abs 1 SchVG vom 31.07.2009... mehr

Keine Anwendbarkeit des SchVG 2009 auf Inhaberschuldverschreibungen einer ausländischen Emittentin, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden

Leitsatz

Gläubiger einer vor dem 5.8.2009 im Ausland ausgegebenen Schuldverschreibung, die nach deutschem Recht begeben sind, können nicht durch Mehrheitsentscheidung eine Änderung der Anleihebedingungen herbeiführen, die ihre Schuldverschreibungen dem SchVG 2009 unterstellt ("Opt-in").

Anmerkung

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Zu dieser Entscheidung gibt es eine Pressemitteilung auf der Webseite des Oberlandesgerichts (www.olg-frankfurt.justiz.hessen.de).

Verfahrensgang einblendenVerfahrensgang ...

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000,00 € festgesetzt.

Änderung von Anleihebedingungen – Geltungsbereich des neuen Schuldverschreibungsgesetzes


 10. April 2012, 11:30 Uhr

Änderung von Anleihebedingungen – Geltungsbereich des neuen Schuldverschreibungsgesetzes

RA Sacha Lürken, Partner, Kirkland & Ellis International LLP, München
Selten hat ein Urteil zu einem juristischen Meinungsstreit im Wertpapierrecht so unmittelbare praktische Auswirkungen gezeitigt: Ein Beschluss des OLG Frankfurt/M. in einem Beschwerdeverfahren zum neuen Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) hat die Sanierungspläne zweier börsennotierter Unternehmen scheitern lassen. Der Oberpfälzer Holzverarbeiter Pfleiderer AG –Beschwerdeführer in dem OLG-Verfahren – und das Bitterfelder Solarunternehmen Q-Cells SE stellten jeweils kurz danach Insolvenzantrag.
Hintergrund ist die durch § 24 SchVG eröffnete Möglichkeit – der sog. “Opt In” –, nachträglich sog. “Collective Action Clauses” durch Mehrheitsbeschluss der Anleihegläubiger und mit Zustimmung des Emittenten in Anleihen einzuführen, die schon vor dem Inkrafttreten des SchVG begeben wurden. “Collective Action Clauses” – in § 5 SchVG geregelt – erlauben die Änderungen der Anleihebedingungen mit Wirkung für alle Anleihegläubiger durch Mehrheitsbeschluss, der regelmäßig mindestens 75% der Stimmen der anwesenden und stimmberechtigten Anleihegläubiger bedarf. Manche neuen Anleihebedingungen sehen sogar Stimmrechtshürden von 85% oder 90% vor.
Auch nach dem alten Schuldverschreibungsgesetz von 1899 war zwar eine Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss möglich; dies allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit einer auf höchstens drei Jahre beschränkten Wirkung. Hinzu kam, dass das alte Schuldverschreibungsgesetz nur für die von deutschen Emittenten begebenen Anleihen galt. Viele Unternehmen hatten aber ihre Anleihen über ausländische Finanzierungstochtergesellschaften – meist in Luxemburg oder den Niederlanden – begeben; so auch Pfleiderer und Q-Cells. Das alte Schuldverschreibungsgesetz ist daher für sie nicht anwendbar.
In der Literatur zu § 24 SchVG wird mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass auch für Anleihen ausländischer Emittenten, die deutschem Recht unterliegen, nachträglich ein “Opt In” möglich ist (vgl. etwa Baums/Schmidtbleicher, ZIP 2012 S. 204; Keller, BKR 2012 S. 15; Verannemann, SchVG, § 24 Rdn. 6; Plank/Lürken, in: Theiselmann, Praxishandbuch Restrukturierungsrecht, Kap. 5 Rdn. 74). Gestützt wird diese Auffassung u. a. durch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/12814, S. 14, 16) und die Definition des Begriffs “Schuldverschreibungen” in § 1 Abs. 1 SchVG.
Im Fall Pfleiderer hatte die niederländische Emittentin im Jahr 2007 eine sog. Hybridanleihe begeben. Die Anleihebedingungen unterlagen dabei deutschem Recht, mit Ausnahme einer einzigen Bestimmung, für welche niederländisches Recht gelten sollte und welche u. a. den Nachrang der Forderung aus der Anleihe in der Insolvenz der Emittentin bestimmte. Die Emittentin lud zu einer Gläubigerversammlung nach dem SchVG ein, in der in einer Gläubigerversammlung über den Opt-In und einen Tausch der Anleihen in ein Erwerbsrecht auf neu auszugebende Aktien der Pfleiderer AG beschlossen werden sollte. Die niederländischem Recht unterliegende Anleihebedingung sollte dabei nicht geändert werden. Der Beschluss wurde mit der nötigen Mehrheit von 75% der anwesenden Stimmen gefasst, aber von einigen überstimmten Anleihegläubigern angefochten. Die Emittentin beantragte daraufhin beim LG Frankfurt/M., im Freigabeverfahren die sofortige Vollziehung des Beschlusses zu erlauben.
Das LG Frankfurt/M. lehnte den Freigabeantrag ab (LG Frankfurt/M., Beschluss vom 27. 10. 2011 – 3-05 O 60/11, ZIP 2011 S. 2306) mit der Begründung, dass das SchVG nur Anwendung finde, wenn sämtliche Anleihebedingungen deutschem Recht unterliegen.
Noch weitergehend entschied dieselbe Kammer des LG Frankfurt/M. im Fall Q-Cells, dass das SchVG schon dann keine Anwendung finde, wenn der Emittent im Ausland ansässig sei (LG Frankfurt/M., Beschluss vom 23. 1. 2012 – 3-05 O 142/11, ZIP 2012 S. 474).
Auf die von der Emittentin erhobene sofortige Beschwerde entschied nun das OLG Frankfurt/M. im Fall Pfleiderer (OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 27. 3. 2012 – 5 AktG 3/11, DB0470248) über die Ausgangsentscheidung des LG hinaus, dass ein Opt-In nach § 24 SchVG nicht für solche Schuldverschreibungen möglich ist, für die nicht bereits nach dem alten Schuldverschreibungsrecht eine Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss möglich war – im Umkehrschluss also nur für die Alt-Anleihen deutscher Emittenten. Das OLG begründet dies damit, dass der Begriff “Schuldverschreibung” in § 24 Abs. 2 SchVG nicht wie in § 1 Abs. 1 SchVG definiert, sondern wie im alten Schuldverschreibungsrecht definiert gemeint sein soll. Dazu zieht das OLG die Gesetzesgenese, das Rückwirkungverbot sowie ein systematisches Argument heran, nämlich dass auch bei nach dem 5. 8. 2009 begebenen Schuldverschreibungen eine Änderung durch Mehrheitsbeschluss nur möglich ist, wenn dies schon bei Ausgabe der Schuldverschreibungen in den Anleihebedingungen bestimmt ist. Sämtlichen Argumenten ist entgegenzutreten. Insbesondere die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu dem in der Empfehlung der G10 ausgesprochenen Bedürfnis nach einer Einführung von Collective Action Clauses in Anleihebedingungen von deutschem Recht unterliegenden Anleihen ausländischer Emittenten (insbesondere Staatsanleihen) belegen den gesetzgeberischen Willen, Anleihen ausländischer Emittenten nachträglich mit Collective Action Clauses ausstatten zu können. Die Notwendigkeit der Zustimmung einer 75%-Mehrheit schützt hier ausreichend vor aussichtlosen Sanierungsversuchen.
Auch das Rückwirkungsverbot ist nicht betroffen, da nicht nachträglich eine Rechtsposition verschlechtert wird. Im Gegenteil, die Forderung aus der Anleihe ist im Zeitpunkt der Beschlussfassung regelmäßig wirtschaftlich bereits im Wert beeinträchtigt; die Änderung der Anleihebedingungen erfolgt ja nur zur Abwendung eines noch größeren Schadens, nämlich regelmäßig der Insolvenz. Wenn das OLG bemängelt, dass das SchVG kein Verfahren vorsehe, in welchem der Wert der Anleihe überprüft werde, so übersieht es, dass im Rahmen der Mehrheitsbeschlussfassung eine solche Überprüfung inzident stattfindet – sei es, dass man diese allein aus dem Mehrheitsprinzip rechtfertigt (Simon, CFL 2010 S. 159), oder dass man ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einfügt, wonach der Mehrheitsbeschluss im Interesse aller Gläubiger liegen muss (Vogel, ZBB 2010 S. 211; Horn, ZHR 173 [2009] S. 12). Folgte man der Argumentation mit dem Rückwirkungsverbot, müsste dies außerdem auch für die vor 2009 begebenen Anleihen inländischer Emittenten gelten – womit aber § 24 Abs. 2 SchVG jeglicher Anwendungsbereich entzogen wäre.
Da diese Entscheidungsgründe auch im Fall Q-Cells einschlägig waren, gab die Gesellschaft auch dort ihren Plan zu einem Umtausch ihrer Anleiheverbindlichkeiten in Aktien (Debt-Equity-Swap) über das SchVG auf und meldete mangels Verfügbarkeit eines alternativen Sanierungsprozesses Insolvenz an.
Da nach § 19 Abs. 3 Satz 2 Hs. 1 SchVG das LG Frankfurt/M. und damit in der Beschwerdeinstanz das OLG Frankfurt/M. für Anfechtungsklagen gegen die Gläubigerversammlungsbeschlüsse ausländischer Emittenten zuständig ist, muss sich die Praxis bis zu einer Gesetzesänderung auf diese Rechtsprechung einrichten. Es ist bedauerlich, dass ein deutsches Gericht hier nicht zum ersten Mal der Tauglichkeit des deutschen Rechts als Sanierungsinstrument einen schweren Dämpfer verpasst. 
Nebenbei hat das OLG Frankfurt/M. außerdem die in deutschen Unternehmensanleihen häufig zu findende Emittentenersetzungsklausel gekippt. Nach deren regelmäßiger Ausprägung kann unter bestimmten Voraussetzungen die Emittentin der Anleihe durch eine andere juristische Person als Schuldnerin ersetzt werden, sofern dies nicht zu steuerlichen Nachteilen für die Gläubiger führt und die Konzernmutter für die Schulden (weiter) mithaftet. Das OLG Frankfurt/M. nimmt – ohne weitere Auseinandersetzung mit dem juristischen Schrifttum hierzu – an, dass diese Klausel gegen wesentliche Grundgedanken des Gesetzes verstoße und daher nach § 307 BGB als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sei.
Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber bald den Anwendungsbereich des § 24 SchVG klarstellt. Anlass bietet der kürzlich vorgestellte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes (BT-Drucks. 17/9049), in dessen Art. 2 ohnehin eine Änderung zu § 20 SchVG (ausschließliche Zuständigkeit des OLG für Freigabeverfahren) vorgesehen ist. Nach einem Pressebericht soll eine Erweiterung des Gesetzesentwurfs als Reaktion auf die Entscheidung des OLG Frankfurt/M. bereits in Vorbereitung sein.


» 10. April 2012, 11:30 Uhr

Sonntag, 24. März 2013

Die generellen rechtlichen Weichen dafür hatte das 2009 in Kraft getretene neue Schuldverschreibungsgesetz gestellt. Es ermöglicht einen Beschluss, bei dem sich die Mehrheit der Anleihegläubiger dem neuen Gesetz unterwirft, auch für Anleihen, die vor August 2009 emittiert wurden. Es gilt auch für Anleihen, die von ausländischen Unternehmen begeben wurden, aber nach deutschem Recht strukturiert sind.


2012-03-28

Sanierungsplan blockiert: Pfleiderer verliert mit Hengeler und geht in die Insolvenz

Der Holzverarbeitungsspezialist Pfleiderer ist auf dem Weg in die Insolvenz. Das Unternehmen scheiterte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt mit seinem angestrebten Sanierungsplan, Rechtsmittel gegen das Urteil gibt es keine. Pfleiderer stellte daraufhin Insolvenzantrag.
Achim Herfs
In dem sogenannten Freigabeverfahren wollte Pfleiderer erreichen, dass Beschlüsse einer Gläubigerversammlung vom Juni 2011 umgesetzt werden können, ohne den Ausgang einer laufenden Anlegerklage abwarten zu müssen. Das auf der Gläubigerversammlung beschlossene Sanierungskonzept sieht unter anderem vor, dass Gläubiger einer Pfleiderer-Hybridanleihe als Beitrag zur Rettung des Unternehmens gegen eine geringe Aktienbeteiligung auf ihre Ansprüche verzichten.
Die generellen rechtlichen Weichen dafür hatte das 2009 in Kraft getretene neue Schuldverschreibungsgesetz gestellt. Es ermöglicht einen Beschluss, bei dem sich die Mehrheit der Anleihegläubiger dem neuen Gesetz unterwirft, auch für Anleihen, die vor August 2009 emittiert wurden. Es gilt auch für Anleihen, die von ausländischen Unternehmen begeben wurden, aber nach deutschem Recht strukturiert sind.
Allerdings hätte die Anleihe die Möglichkeit vorsehen müssen, einen Mehrheitsbeschluss zur Restrukturierung zu fassen, so das OLG. Dies sei nicht der Fall gewesen, das neue Gesetz damit nicht anwendbar. Die von einer niederländischen Pfleiderer-Tochter im Jahr 2007 ausgegebene Anleihe sei zudem nicht ausschließlich nach deutschem Recht strukturiert. Deswegen wies das OLG die Beschwerde zurück und schloss sich einem Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt an (mehr…), das im November 2011 erstmals in einem Streit nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz geurteilt hatte.
Daniel Vos
Peter Dreier
Der umstrittene Sanierungsplan von Pfleiderer (mehr…) sah vor, das mit knapp 1,4 Milliarden Euro Verbindlichkeiten belastete Unternehmen knapp zur Hälfte zu entschulden. Banken und Hedgefonds sollten frisches Geld bereitstellen, gleichzeitig aber auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Noch härtere Einschnitte sah das Konzept aber für die Anleihegläubiger vor, die daraufhin klagten. Zuletzt hatten sich Pfleiderer und die Anleger bereits auf einen Vergleich geeinigt, Pfleiderer hatte diesen aber auf Druck der Banken widerrufen.
Pfleiderer hofft indes, ihr geplantes Sanierungskonzept dennoch im Wesentlichen durchsetzen zu können. Dafür stellte das Unternehmen nun in Düsseldorf Insolvenzantrag. In Düsseldorf hat der Vorstand des Oberpfälzer Unternehmens seinen Sitz. Pfleiderer beantragte Insolvenzplanverfahren, eine sogenannte Insolvenz in Eigenregie. Dabei gibt es keinen eigens eingesetzten Insolvenzverwalter. Anstelle dessen kontrolliert lediglich ein vom Gericht benannter Sachwalter das Management und achtet darauf, dass die Insolvenz juristisch korrekt abgewickelt wird. Die Sanierung liegt weiter in den Händen des Managements.
Als Sachwalter bestellte das Gericht Horst Piepenburg von Piepenburg Gerling. Auf den renommierten Sanierungsexperte hatte sich der Gläubigerausschuss zuvor einstimmig geeinigt. Das Insolvenzplanverfahren wurde für die Dachgesellschaft von Pfleiderer beantragt, eine Holding mit gerade einmal zehn Mitarbeitern. Das operative Geschäft der Töchter mit ihren weltweit fast 5.000 Beschäftigten sei nicht betroffen, so das Unternehmen.
Die Beraterkosten jedenfalls werden weiter steigen. Alleine im Jahr 2011 fielen bereits 70 Millionen Euro für Anwälte und weitere Berater an, insgesamt dürften die Kosten nach Schätzungen in internen Pfleiderer-Unterlagen, die JUVE vorliegen, auf über 100 Millionen Euro steigen. Alleine die Anwaltskosten summierten sich 2011 auf fast 14 Millionen Euro.
Vertreter Pfleiderer 
Hengeler Mueller (Düsseldorf): Dr. Georg Seyfarth, Dr. Achim Herfs, Dr. Daniel Weiss, Dr. Petra Mennicke
Vertreter Anleihegläubiger
Göddecke (Siegburg): Daniel Vos (für 11 Anleger, darunter eine Investmentgesellschaft)
Dreier Riedel (Düsseldorf): Dr. Peter Dreier (für 4 Anleger, darunter ein Hedgefonds)
OLG Frankfurt, 5. Senat
Dr. Arno Schwarz (Vorsitzender Richter), Dr. Klaus Maier, Dr. Dietmar Zeitz (Berichterstatter)
Hintergrund: Der Großteil der mehr als 20 klagenden Anleger vertraute Göddecke. Die Anlegerkanzlei hat sich vor allem für ihre Beratung im Zusammenhang mit geschlossenen Fonds einen Namen gemacht. Auch Dreier Riedel ist eine bekannte Anlegerkanzlei, die sich auf die Vertretung von Anlegern spezialisiert hat, die hohe Verluste mit Wertpapieranlagen erlitten haben.
Für die beiden Sozietäten ist das Urteil nach der Entscheidung des LG Frankfurt bereits der zweite Erfolg im Hinblick auf die Auslegung des neuen Schuldverschreibungsgesetzes. Das OLG widersprach mit seinem Urteil auch dem Großteil der zu der Thematik verfassten Gutachten. Der nächste größere Streit um Beschlüsse einer Gläubigerversammlung und die Anwendbarkeit des neuen Schuldverschreibungsgesetzes steht schon an. Dreier Riedel hat für einen Anleger beim LG Frankfurt gegen Beschlüsse zur Stundung einer Wandelanleihe des Solarkonzerns Q-Cells geklagt.
Hengeler begleitete Pfleiderer auch schon bei den zähen Auseinandersetzungen mit den Investoren über das geplante Sanierungskonzept (mehr…) und auch bei dem angedachten Vergleich.
Aufseiten der Banken und Hedgefonds gehören unter anderem Allen & Overy, Linklaters sowie Weil Gotshal & Manges zu den wesentlichen Beratern im Streit um die Pfleiderer-Sanierung. (René Bender)

Samstag, 23. März 2013

Das preußische Schuldverschreibungsgesetz von 1833

Das preußische Schuldverschreibungsgesetz von 1833

http://www.ilf-frankfurt.de/uploads/media/ILF_WP_121.pdf


Das preußische Schuldverschreibungsgesetz von 1833
 Theodor Baums
I. Einführung
Das vergangene Jahr hat uns ein neues Schuldverschreibungsgesetz beschert.1
Dadurch wurde das alte „Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der
Besitzer von Schuldverschreibungen“ vom 14. 12. 18992
 abgelöst, dem
praktisch keine große Bedeutung zukam. Einen Vorläufer haben diese Gesetze 
im preußischen Schuldverschreibungsgesetz, das Friedrich Wilhelm III. am 17. 
6. 1833 für die preußische Monarchie in Kraft gesetzt hat.3
 Dieses Gesetz, das
bisher selbst in historischen Darstellungen des Schuldverschreibungsrechts
kaum gewürdigt wird,4
 ist aus mehreren Gründen von Interesse.
Zum einen hatte die zeitgenössische Geldtheorie die Bedeutung des
Papiergeldes und die angemessene Rolle des Staates bei der Schöpfung von
Papiergeld und der Kontrolle der Geldmenge noch nicht erfaßt. Verschiedene
Konzepte wurden erörtert und waren auch in der Praxis der Staaten anzutreffen.
Noten privater Zettelbanken waren ebenso im Umlauf wie staatliche
Schatzanweisungen und Schuldverschreibungen ohne und mit Gold- oder
Silberdeckung. Mit dem Schuldverschreibungsgesetz von 1833 unterwarf
Preußen die Emission von Schuldverschreibungen einschließlich der Noten
privater Banken einer Genehmigungspflicht. Parallel hierzu findet sich eine auf
wenige Einzelfälle beschränkte Bewilligung an „staatsnahe“ Banken, Banknoten
auszugeben, die von staatlichen Stellen als Zahlungsmittel angenommen werden
oder mit denen Steuerschulden beglichen werden mußten. Mit diesen parallelen
Maßnahmen hat die Staatsführung Preußens im Vormärz den in der Literatur
debattierten und politisch vielfach befürworteten Weg eines Wettbewerbs
privater Papiergeldemittenten („Zettelbanken“) verworfen. Letzten Endes hat sie
sich damit das Emissionsmonopol nicht nur für Metallgeld, sondern auch für
Papiergeld und die Steuerung der Geldmenge aus papiergeldähnlichen privaten
Banknoten gesichert.
1
 Schuldverschreibungsgesetz vom 31. 7. 2009, BGBl. I S. 2512.
2
 Gesetz vom 14. 12. 1899, RGBl. S. 691 (BGBl. III 4134-1).
3
 Gesetz, wegen Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlungsverpflichtung an jeden
Inhaber enthalten, vom 17. 6. 1833, Gesetz-Sammlung für die Königlichen
Preußischen Staaten (PreußGS) 1833, S. 75 f.
4
 Nachweise zur Literatur bei Baums, in: Bayer/Habersack (Hrsg.), Aktienrecht im
Wandel, Band II, 2007, S. 955, 964 Fn. 25 und S. 967 ff.

Freitag, 22. März 2013

vergleichende Darstellung altes und neues ShVG


Die kollektive Wahrnehmung der Gläubigerrechte in der Gläubigerversammlung nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz: Eine rechtsvergleichende Darstellung des alten und neuen Rechts [Taschenbuch]

Tobias Schönhaar  




Kurzbeschreibung

Oktober 2011
Das neue Schuldverschreibungsgesetz ist am 5. August 2009 in Kraft getreten. Heute, nach nur knapp zwei Jahren, steht fest, dass das neue Schuldverschreibungsgesetz als Erfolg gewertet werden kann, da die Begebung von Schuldverschreibungen nach deutschem Recht und unter Nutzung der neuen Gestaltungsmöglichkeiten, die das neue Schuld­verschreibungs­recht eröffnet hat, deutlich zugenommen hat. Das Buch beschäftigt sich mit der kollektiven Wahrnehmung von Gläubigerrechten in der Gläubigerversammlung nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz. Dahinter verbirgt sich ein Mechanismus, aufgrund dessen es möglich ist, Schuldverschreibungen im Nachhinein, d.h. nach erfolgter Emission, inhaltlich umzugestalten. Eine solche inhaltliche Umgestaltung von Schuldverschreibungen wird vor allem dann erforderlich, wenn der Schuldner bzw. der Emittent der Schuld­verschreibungen in eine finanzielle Schieflage geraten ist, die es ihm unmöglich macht, seine Schuld­ver­schreibungen in der vertraglich versprochenen Art und Weise zu erfüllen. Dieser Mechanismus stellt das Herzstück des neuen Schuld­verschreibungs­gesetzes dar. Der Verfasser geht methodisch dergestalt an das Thema heran, dass er vor allem das alte Schuldverschreibungsgesetz von 1899 mit dem neuen Schuld­verschreibungs­gesetz, welches im Jahre 2009 verabschiedet wurde, vergleicht und die komplexe Entstehungs­geschichte des neuen Schuld­verschreibungs­gesetzes eingehend berücksichtigt. Der Verfasser erörtert die Regelungen des neuen Organisationsrechtes der Anleihegläubiger nach dem neuen Schuld­verschreibungs­gesetz und stellt diesen die entsprechenden Regelungen unter Geltung des Vorgängergesetzes gegenüber. Schwerpunkte stellen dabei insbesondere die kollektive Bindung der Gläubigerrechte, die Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger sowie die Organisation und Durchführung der Gläubigerversammlung nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz dar. Desweiteren werden die Wirksamkeit und die Möglichkeit der Anfechtung von Beschlüssen der Gläubigerversammlung untersucht und dargestellt.

Produktinformation

etwas "Nahrung" zum SchVerGesetz von 1899


Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger und ihre Vertretung nach dem Schuldverschreibungsgesetz [Sondereinband]

Hans-Gert Vogel  



Kurzbeschreibung

14. Januar 1999
Gegenstand der Arbeit ist die Vergemeinschaftung von Anleihegläubigern (Obligationären). Kern der Untersuchung ist das »Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Teilschuldverschreibungen« (Schuldverschreibungsgesetz) vom 4. Dezember 1899. Dieses kapitalmarktrechtliche Spezialgesetz verleiht der anonymen Masse der Obligationäre eines Unternehmens eine Organisation und stattet diese mit (Mehrheits-)Rechten sowie einer wirksamen Vertretung nach außen aus. Ausgehend von diesem Gesetz untersucht der Verfasser, inwieweit Obligationärsorganisationen sowohl aus Emittenten- als auch aus Anlegersicht sinnvoll sein können. In die Untersuchung einbezogen werden neben dem Schuldverschreibungsgesetz auch in- und ausländische Vorläufergesetze sowie die derzeit geltenden Regelungen des US-amerikanischen sowie des Schweizer Rechts. Darüber hinaus geht der Verfasser den Ursachen des Bedeutungsverlustes des Gesetzes in den letzten Jahrzehnten nach sowie der Frage, inwieweit das Schuldverschreibungsgesetz heute noch einen Beitrag zur Förderung des »Finanzplatzes Deutschland« leisten kann. Im Rahmen seiner Verbesserungsvorschläge behandelt der Verfasser auch die Möglichkeiten und Grenzen der kautelarischen Anleihevertretung (-treuhand).

Produktinformation

Unterliegen die Anleihegläubiger die ihre Anleihen wirksam zeitlich vor einer Gläubigerversammlung mit Haircut gekündigt haben diesem Haarschnitt


falls WGF auf den Gedanken kommen sollte uns über das SchVG schneiden zu wollen.....

Unterliegen die Anleihegläubiger die ihre Anleihen wirksam zeitlich vor einer Gläubigerversammlung mit Haircut gekündigt haben diesem Haarschnitt

Von:
"Rolf Koch" <rolfjkoch@web.de>
An:
"nn, "mdaII rolfjkoch" <rolfjkoch@web.de>
Datum:
22.03.2013 17:46:14
Hallo Frau nn,

obige Frage treibt mich um.

Durch wirksame Kündigung habe ich ja eine Geldforderung in der Höhe des Nennwertes + Zinsen und die kann eine Gläubigerversammlung nach SchVG, wenn sie denn die notwendige Mehrheit findet nicht beschneiden.

Viele Grüsse

Rolf Koch

Donnerstag, 14. März 2013

Aufgepasst wenn ein gemeinsamer Vertreter für eine Anleihe nach SchVG bestellt werden soll: der einzelne hat dann nichts mehr zu melden....


Zu § 19 (Insolvenzverfahren)

 Absatz 1 legt die Rangordnung der Vorschriften im Verhält-
 nis zwischen diesem Gesetz und der Insolvenzordnung fest.
 Danach gehen die Vorschriften der Insolvenzordnung in
 ihrem Anwendungsbereich den Vorschriften dieses Gesetzes
 im Grundsatz vor, sobald das Insolvenzverfahren über das
 Vermögen des Schuldners eröffnet ist (vgl. § 87 InsO). Ab-
 weichend davon enthalten die Absätze 2 bis 4 Sondervor-
 schriften, die denjenigen der Insolvenzordnung vorgehen
 oder diese ergänzen. § 19 enthält darüber hinaus teilweise
 Sondervorschriften zu § 5 ff. dieses Gesetzes.

 § 19 ist als insolvenzrechtliche Regelung zu verstehen, wes-
 halb ein Gleichlauf mit den Grundsätzen der internationalen
 Zuständigkeit im Insolvenzverfahren notwendig ist. Die Be-
 stimmung findet nur dann Anwendung, wenn der COMI
 (Centre of Main Interest) im Inland belegen ist. So ist ein
 deutsches Insolvenzgericht etwa für inländische (Zweig-)
 Niederlassungen ausländischer Schuldner im Inland zustän-
 dig. Diese Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus dem In-
 solvenzrecht und schlagen auf § 19 durch.

 Bei einer Teilnahme der Schuldverschreibungen an einem or-
 ganisierten Markt nach § 2 Absatz 5 WpHG unterliegen die
 Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf die Rechte und
 Pflichten der Teilnehmer an diesem Markt nach § 340 Absatz 1
 InsO dem Recht des Staates, das für diesen Markt gilt. In § 19
 Absatz 1 Satz 2 wird daher klargestellt, dass § 340 InsO auch
 im Falle des § 19 Absatz 1 gilt.

 Absatz 2 Satz 1 bestimmt, dass die Anleihegläubiger nach
 der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
 des Schuldners (abweichend von § 5 Absatz 1 Satz 1) nur be-
 fugt sind, durch Mehrheitsbeschluss einen gemeinsamen
 Vertreter für alle Gläubiger zu bestellen. Das Insolvenzge-
 richt muss zu diesem Zweck eine Gläubigerversammlung
 einberufen, wenn ein gemeinsamer Vertreter für alle Gläubi-
 ger noch nicht bestellt worden ist. Das entspricht im Wesent-
 lichen dem bisher geltenden Recht (§ 18 Absatz 3 und 4
 SchVG von 1899). Die Gläubiger sind nicht verpflichtet,
 einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen. Im Gesetz kommt
 aber zum Ausdruck, dass dies in aller Regel wünschenswert
 wäre.

 Absatz 3 ordnet an, dass nur der gemeinsame Vertreter im In-
 solvenzverfahren die Rechte der Gläubiger geltend machen
 kann. Einzelne Gläubiger sind, wenn ein gemeinsamer Ver-
 treter bestellt ist, nicht mehr befugt, ihre Rechte im Insol-
 venzverfahren selbst zu verfolgen. Eine Ausnahme hiervon
 ist (abweichend von § 7 Absatz 2 Satz 3) auch durch Mehr-
 heitsbeschluss nicht vorgesehen. Diese strenge gesetzliche
 Anordnung erscheint gerechtfertigt, um ein Insolvenzverfah-
 ren auch unter Beteiligung einer sehr großen Anzahl von
 Anleihegläubigern rechtssicher und zügig durchführen zu
 können und dabei die Gleichbehandlung der Gläubiger zu
 gewährleisten. Für einen nach der Eröffnung des Insolvenz-
 verfahrens bestellten gemeinsamen Vertreter ergibt sich der
 Umfang seiner Befugnisse unmittelbar aus Absatz 3. Für
 einen bereits zuvor bestellten Vertreter ergibt sich ein eventu-
 eller Zuwachs an Aufgaben und Befugnissen als gesetzliche
 Folge aus dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenz-
 verfahrens über das Vermögen des Schuldners. Bei seiner
 Tätigkeit im Rahmen des Insolvenzverfahrens braucht der
 gemeinsame Vertreter für alle Gläubiger die Schuldurkun-
 de(n) nicht vorzulegen. Auf diese Weise wird gewährleistet,
 dass der Vertreter seine Aufgabe effektiv wahrnehmen kann,
 ohne sich zuvor ggf. mit einzelnen Gläubigern über die
 Herausgabe von Schuldurkunden auseinandersetzen zu müs-
 sen (vgl. § 797 Satz 1 BGB).
 Absatz 4 ergänzt § 227 ff. InsO mit der Maßgabe, dass ein In-
 solvenzplan für alle Gläubiger derselben Anleihe gleiche Be-
 dingungen vorsehen muss. Das entspricht § 19a Absatz 1
 SchVG von 1899. Diese Konkretisierung des für Gläubiger-
 beschlüsse geltenden allgemeinen Gleichbehandlungsgebots
 (vgl. § 5 Absatz 2 Satz 3) ist insbesondere für den gemeinsa-
 men Vertreter bindend; einem Insolvenzplan, der nicht glei-
 che Bedingungen für sämtliche Gläubiger derselben Anleihe
 vorsieht, darf er nicht zustimmen.
 Absatz 5 ordnet an, dass alle Bekanntmachungen nach die-
 sem Gesetz nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu-
 sätzlich unter der von § 9 InsO vorgegebenen Adresse im In-
 ternet zu erfolgen haben (www.insolvenzbekanntmachun-
 gen.de). Alle das Insolvenzverfahren betreffenden Entschei-
 dungen sollen zentral verfügbar sein.

s 25

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/128/1612814.pdf

Pfleiderer / Keine Anwendbarkeit des SchVG 2009 auf Inhaberschuldverschreibungen einer ausländischen Emittentin, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden

Gericht:OLG Frankfurt 5. Zivilsenat
Entscheidungsname:Pfleiderer, Pfleiderer I
Entscheidungsdatum:27.03.2012
Aktenzeichen:5 AktG 3/11
Dokumenttyp:Beschluss
Quelle:juris Logo
Normen:Art 63 Abs 1 AEUV, § 246a AktG, Art 9 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, § 1 Abs 1 SchVG vom 31.07.2009 ... mehr

Keine Anwendbarkeit des SchVG 2009 auf Inhaberschuldverschreibungen einer ausländischen Emittentin, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden

Leitsatz

Gläubiger einer vor dem 5.8.2009 im Ausland ausgegebenen Schuldverschreibung, die nach deutschem Recht begeben sind, können nicht durch Mehrheitsentscheidung eine Änderung der Anleihebedingungen herbeiführen, die ihre Schuldverschreibungen dem SchVG 2009 unterstellt ("Opt-in").

Anmerkung

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Zu dieser Entscheidung gibt es eine Pressemitteilung auf der Webseite des Oberlandesgerichts (www.olg-frankfurt.justiz.hessen.de).

Dienstag, 5. März 2013

„In Sanierungsfällen sollten Anleihegläubiger zusammenhalten“


INTERVIEW„In Sanierungsfällen sollten Anleihegläubiger zusammenhalten“

Angeschlagene Firmen wie Praktiker versuchen häufig, die Zinsen ihrer Anleihen zu drücken. Anwalt Klaus Nieding erklärt, warum Gläubiger einer Zinsänderung nicht zustimmen müssen und wie sie ihre Rechte durchsetzen.
Am Mittwoch steht bei Praktiker die nächste Gläubigerversammlung der Anleiheinhaber an. Quelle: dpa
Am Mittwoch steht bei Praktiker die nächste Gläubigerversammlung der Anleiheinhaber an.Quelle: dpa
In Zeiten niedriger Zinsen stürzen sich viele Anleger auf Unternehmensanleihen. Doch wenn die Firma in finanzielle Schwierigkeiten gerät, wollen die Unternehmen häufig niedrigere oder gar keine Zinsen mehr zahlen. Zuletzt hat beispielsweise Praktiker versucht, die Zinsen zu drücken. Wie können sich Anleihegläubiger dagegen wehren?
Zunächst einmal muss man verinnerlichen, was eine Anleihe rechtlich ist. Vereinfacht dargestellt handelt es sich um ein Darlehen, das eine Vielzahl von Darlehensgebern (Anleihegläubiger) einem Schuldner (Anleiheschuldner) gewähren. Der Darlehensgewährung liegen vertragliche Regelungen, die Anleihebedingungen, zugrunde.
In den Bedingungen ist insbesondere die Pflicht zu Zinsenzahlungen geregelt.
Ja, die vertragliche Pflicht des Anleiheschuldners besteht grundsätzlich darin, den Darlehensbetrag zu einem vereinbarten Termin zurückzuzahlen. Darüber hinaus ist der Darlehensnehmer verpflichtet, einen geschuldeten Zins entweder zu einem vereinbarten Termin oder bei Endfälligkeit zu zahlen.
Und diese Bedingungen dürfen nicht einseitig geändert werden?
Möchte der Schuldner die Zahlungsmodalitäten (Zinshöhe und Fälligkeit) ändern, so stellt dies eine Vertragsänderung dar, der beide Seiten zustimmen müssen. Es gilt grundsätzlich: Ohne Zustimmung der Anleihegläubiger keine Änderung der Zahlungskonditionen. Wenn es also diesbezüglich einer Änderung bedarf, kann die Anleiheschuldnerin die Gläubigerversammlung einberufen.
Welche Rechte hat der Gläubiger, wenn der Schuldner nicht mehr zahlen will?
Kann der Schuldner seiner vertraglich vereinbarten Pflicht zur Zinszahlung nicht nachkommen, so muss das der Anleihegläubiger zunächst einmal hinnehmen, da er das Bonitätsrisiko des Schuldners trägt. Der Anleihegläubiger hat bei Nichtzahlung jedoch Rechte aus dem Vertragsverhältnis, insbesondere den Anspruch auf Zahlung von Zinsen. Darüber hinaus kommen weitere individuelle Rechte des einzelnen Anleihegläubigers in Betracht und solche, die kollektiv von der Gesamtheit der Anleihegläubiger geltend gemacht werden können.
Wie kann sich der Anleihegläubiger mit Bezug auf seine individuellen Rechte wehren?
Bleibt eine Zinszahlung aus, so hat der Anleihegläubiger neben dem regulären Zahlungsanspruch auf Zinsen bei Fälligkeit nach den Vertragsbedingungen regelmäßig ein Recht zur Kündigung und Gesamtfälligstellung der von ihm gehaltenen Anleihebeteiligung. Er kann dann die Rückzahlung nebst Zinsen verlangen. Dies muss jedoch individuell geprüft werden. Darüber hinaus kommen gegebenenfalls Schadenersatzansprüche aufgrund strafrechtlicher Erwägungen in Betracht, wenn ein Verdacht auf Untreue oder Betrug gegen den Anleiheschuldner besteht und sich bewahrheitet.


Montag, 4. März 2013

im Zusammenhang mit der WGF AG Insolvenzeigenverwaltung kann ich allen Inhabern der erstrangigen HypoAnleihen nur empfehlen sich intensiv mit dem SchVG a.F. und n.F. auseinanderzusetzen.....


3. Probleme des Schuldverschreibungsrechts

a) Unternehmensanleihen sind Schuldverschreibungen auf den Inhaber Im Sinne
des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 793 ff.). Das in der Unternehmensfinanzierung
übliche Phänomen der massenhaften Begebung von Inhaberschuldverschreibungen
war schon bei Schaffung des BGB im 19. Jahrhundert bekannt. Als
Teil des Handelsrechts hat es der Gesetzgeber jedoch gesondert kodifiziert, nämlich
im „Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen“
- im Folgenden: SchVG a.F. -, welches gemeinsam mit dem BGB
in Kraft trat. Dieses Gesetz ordnete eine gewisse Verbindlichkeit von Gläubigerbeschlüssen
an, betreffend Anleihen, die in Deutschland nach deutschem Recht
begeben sind. Zum Zwecke der gemeinschaftlichen Vertretung oder der Begrenzung
der Gläubigerrechte können Gläubigerversammlungen einberufen und abgehalten
werden; zudem regelte das Gesetz Besonderheiten eines Schuldners,
der sich in einem Konkursverfahren befand. Das Gesetz erlaubte indessen nur
relativ geringfügige Eingriffe in die Rechte der Gläubiger, insbesondere keinen
Forderungsverzicht, und es war nur auf Anleihen anwendbar, die ein Inländer begab.
Auf Ausländsanleihen - auch deutscher Emittenten - war es nicht anwend16
bar, und wegen der mangelnden Sanierungseignung geriet es in der Vergangenheit
nahezu außer Anwendung. Ein Kommentar zum Gesetz, der nach dem 2.
Weltkrieg erschienen wäre, ist mir nicht bekannt geworden und Rechtsprechungen
aus dieser Zeit sind nicht überliefert.

b) Das Schuldverschreibungsrecht wurde anlässlich der Insolvenzrechtsreform
1994 der Terminologie der Insolvenzordnung angepasst. Artikel 53 EGInsO ersetzte
dann die Terminologie (Insolvenz statt Konkurs) und fügte in das Gesetz
einen § 19a ein, der für einen Insolvenzplan bestimmte, dass allen Gläubigern
gleiche Rechte anzubieten seien. Hierdurch sollten nun erstmals Forderungsverzichte
zum Zwecke der gerichtlichen Unternehmenssanierung ermöglicht werden.
Für den Insolvenzplan wurde deshalb das Verbot eines Forderungsverzichts nach
§ 12 Abs. 3 SchVG a.F. für den Fall des Insolvenzplans suspendiert.
Nach langen Diskussionen wurde das Schuldverschreibungsrecht im August
2009 modernisiert durch das Schuldverschreibungsgesetz (im Folgenden: SchVG
n.F.). Dieses Gesetz erfasst aber nicht Schuldverschreibungen, die vor seinem
Inkrafttreten (05.08.2009) ausgegeben wurden. Es gilt sozusagen nur für Neuanleihen,
§ 24 Abs. 1 SchG n.F. Da sich die Platzierung von Anleiheemissionen
meist über einen längeren Zeitraum hinzieht, ist das für die Einhaltung des Stichtags
maßgebliche Datum das in dem jeweiligen Wertpapierprospekt gemäß EUProspektverordnung
ausgewiesene Emissionsdatum (Veranneman, Kommentar
zum Schuldverschreibungsgesetz, 1. Auflage 2010, Rdnr. 4 zu § 24). Für den
vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die in der Tabelle (oben II./2) aufgeführten
Anleihen teilweise dem alten und im Übrigen dem neuen Recht unterfallen. Allerdings
hätten die Gläubiger der Altanleihen die Möglichkeit, durch einen Beschluss
mit qualifizierter Mehrheit zu vereinbaren, dass die „Wahlmöglichkeiten" des
neuen Schuldverschreibungsgesetzes auch für die Altanleihen gelten, § 24 Abs.
2 SchVG n.F.

c) Für die Geltendmachung der Rechte und Ansprüche aus einer Anleihe unterscheiden
beide Schuldverschreibungsgesetze:
- Gläubigerversammlungen vor einer Insolvenz;
- Gläubigerversammlungen in einer Insolvenz;
- Geltendmachung der Rechte durch einen gemeinschaftlichen Vertreter.

d) Das neue Schuldverschreibungsgesetz erlaubt Mehrheitsbeschlüsse der
Gläubiger (§ 5 SchVG n.F.), verlangt aber für Änderungen der Anleihebedingungen,
insbesondere Forderungsverzichte, eine Mehrheit von 75 % (§ 1 Abs. 3, 4
SchVG n.F.). Die Gläubigerversammlung kann unter anderem vom Schuldner
einberufen werden (§ 9 SchVG n.F.), sie ist beschlussfähig, wenn 50 % der Anleihesumme
erschienen oder vertreten sind; anderenfalls könnte eine zweite Versammlung
einberufen werden, die aber für Forderungsverzichte immer noch von
25 % der Anleihegläubiger besucht sein muss, § 15 Abs. 3 SchVG n.F.
Ein gemeinsamer Vertreter hätte schon in den Anleihebedingungen bestellt werden
können (§ 8 SchVG n.F. - dies ist vorliegend nicht geschehen). Anderenfalls
wird er durch die Gläubigerversammlung gewählt. Er kann folgende Befugnisse
haben:
- Geltendmachung der gesamten Gläubigeransprüche unter Ausschluss der Anleiheinhaber,
§ 7 Abs. 2 Satz 3 SchVG n.F.;
- Geltendmachung der Rechte im Insolvenzverfahren, § 19 Abs. 3 SchVG n.F.
Sobald über das Vermögen des Emittenten ein Insolvenzverfahren eröffnet ist,
unterliegen die Beschlüsse der Gläubiger lediglich den Bestimmungen der Insolvenzordnung,
§ 19 Abs. 1 Satz SchVG n.F. Einziger Tagesordnungspunkt ist nur
noch die Wahl eines gemeinschaftlichen Vertreters, welcher - unter zwingendem
Ausschluss der Anleihegläubiger selbst - deren Rechte im Insolvenzverfahren
wahrnimmt. Nach der amtlichen Begründung zum Schuldverschreibungsgesetz
n.F. ist nämlich die einheitliche Vertretung aller Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren
durch einen gemeinschaftlichen Vertreter erwünscht, um solche Verfahren
zügig abwickeln zu können (Regierungsentwurf, BT - DS 16/12814 vom
29.04.2009, Seite 25 (zu § 19)).

e) Auch das alte Schuldverschreibungsrecht kannte Mehrheitsbeschlüsse durch
Gläubigerversammlungen, aber bis zur Einführung des § 19a SchVG a.F. im Jahre
1994 war die Möglichkeit eines Forderungsverzichts nicht gegeben. Zur Beschlussfähigkeit
sah das alte Gesetz nichts vor, für die Beschlüsse selbst galt das
Prinzip der einfachen Mehrheit, § 10 Abs. 1 SchVG a.F. Allerdings sah § 11 Abs.
2 SchVG a.F. das Erfordernis einer 75%igen Präsenzmehrheit bei absoluter
Mehrheit der Stimmen für den Fall vor, dass durch den Beschluss „Rechte der
Gläubiger aufgegeben oder beschränkt werden“. Solche Aufgabe oder Beschränkungen
war aber ohnehin nur hinsichtlich der Zinsen oder einer befristeten Stundung,
nicht aber wegen des Kapitals möglich, § 11 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3
SchVG a.F.
Für den Insolvenzfall ordnete § 18 SchVG a.F. an, dass eine besondere Gläubigerversammlung
vom Gericht einzuberufen und zu leiten sei, wenn noch nicht
über einen gemeinsamen Vertreter beschlossen worden war. Zu Einberufungsformen,
Fristen und Quoren verhielt sich das alte Gesetz gar nicht. Die Möglichkeit
eines Forderungsverzichts durch die Gläubiger bzw. die gemeinschaftlichen
Vertreter war aber durch § 19a Abs. 2 SchVG a.F. betreffend das Insolvenzplanverfahren
seit 1994 ausdrücklich gegeben.

WGF-Gutachten zu : Probleme des Schuldverschreibungsrechts


3.

a) Unternehmensanleihen sind Schuldverschreibungen auf den Inhaber Im Sinne
des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 793 ff.). Das in der Unternehmensfinanzierung
übliche Phänomen der massenhaften Begebung von Inhaberschuldverschreibungen
war schon bei Schaffung des BGB im 19. Jahrhundert bekannt. Als
Teil des Handelsrechts hat es der Gesetzgeber jedoch gesondert kodifiziert, nämlich
im „Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen“
- im Folgenden: SchVG a.F. -, welches gemeinsam mit dem BGB
in Kraft trat. Dieses Gesetz ordnete eine gewisse Verbindlichkeit von Gläubigerbeschlüssen
an, betreffend Anleihen, die in Deutschland nach deutschem Recht
begeben sind. Zum Zwecke der gemeinschaftlichen Vertretung oder der Begrenzung
der Gläubigerrechte können Gläubigerversammlungen einberufen und abgehalten
werden; zudem regelte das Gesetz Besonderheiten eines Schuldners,
der sich in einem Konkursverfahren befand. Das Gesetz erlaubte indessen nur
relativ geringfügige Eingriffe in die Rechte der Gläubiger, insbesondere keinen
Forderungsverzicht, und es war nur auf Anleihen anwendbar, die ein Inländer begab.
Auf Ausländsanleihen - auch deutscher Emittenten - war es nicht anwend

bar, und wegen der mangelnden Sanierungseignung geriet es in der Vergangenheit
nahezu außer Anwendung. Ein Kommentar zum Gesetz, der nach dem 2.
Weltkrieg erschienen wäre, ist mir nicht bekannt geworden und Rechtsprechungen
aus dieser Zeit sind nicht überliefert.

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wird fortgesetzt